Für den vierten Tag war eigentlich eine moderate Strecke über 13 km geplant, auf der es gute 600 m Höhe zu gewinnen galt. Das sollte planmäßig erfolgen durch 850 m Marsch nach oben und 220 m wieder runter. Aber wie sagt unser Guide immer so schön: „Das ist Himalaya, nicht deutsche Alpen“. Wichtig ist dann immer noch der Zusatz: „Tzz..“, begleitet von einer abwinkenden Handbewegung.
Und so kam es, wie es im Himalaya kommen musste, ein Teil des geplanten Weges war durch einen Erdrutsch unpassierbar. Und die Alternative führte den Berg hinauf, über einen dieser Wege von denen ich bis heute glaubte, dass sie nur von Maultieren und Kühen zu bezwingen seien.
Der Weg war sandig und kaum befestigt aber dafür sehr schmal. Der Abstieg war fast anstrengender als der Aufstieg, weil man immer Gefahr lief abzurutschen. Und teilweise ging es neben dem „Weg“ 40 bis 50 m steil bergab.
Später war das Ausmaß des Erdrutsches aus der Entfernung sichtbar. Der gesamte Weg war über eine Strecke von bestimmt 4-500 m unpassierbar. Wenigstens wussten wir jetzt, dass der Höllenritt nicht umsonst war.
Wie wir später am Tag erfahren haben, hatte der anstrengende Abschnitt noch einen weiteren Vorteil: Vier Mitglieder der hochnäsigen italienischen Gruppe ließen sich vom Hubschrauber abholen. Einer hatte einen flauen Magen und die anderen konnten der Versuchung der spontanen Erlösung durch den Hubschrauber nicht widerstehen und stiegen ebenfalls kurzerhand hinzu. Offizielle Begründung war wohl die anstrengende Route. Wer kann denn auch ahnen, dass der Himalaya anstrengender wird als ein Spaziergang am Garder See.
Die kosten über ein paar tausend Euro war denen entweder nicht bewusst oder egal. Gestern gab es schon eine Situation beim Abendessen, wo eine Dame aus der Gruppe ihre Pasta nicht essen wollte. Scheinbar gefielen sie ihr optisch nicht, denn sie hat sie nicht einmal gekostet. Ein anderer solle sie essen war ihr Vorschlag.
Ähnlich merkwürdig war am selben Abend eine andere Dame, die ihr essen zurückgehen ließ, weil eine Fliege darauf gesessen habe.
Noch mal für alle: „WIR SIND MITTEN IM HIMALAYA!“
Mindestens genauso amüsant war es bei unserer Pause am Mittag. Direkt neben dem Tea House war eine Art Tischlerei. Dort wurden die groben Bretter mit Zimmererhammer und Hobel zu sauberen Brettern verarbeitet. Ein effizientes Arbeiten war in der Zeit allerdings kaum möglich, weil die ebenfalls anwesende Holländerin und Österreicherin den nepalesischen Arbeitern den Atem geraubt haben. Die Holländerin war das besondere Highlight, da die – bereits seit vier Tagen – lediglich in einer knappen Hot Pants unterwegs war. Ob sie sich diese Art von Bekleidung mit ihrer Figur leisten konnte, mögen andere beurteilen. Aber die Menschen vom nepalesischen Land sind sehr konservativ und sind den Anblick solcher Kleidung an Frauen nicht gewohnt.
Beim Bepacken ihres Rucksacks – die Holländerin war sehr gelenkig – hatten die Arbeiter ihren ganz besonderen Spaß. Das hat man auch ohne hinsehen bemerkt, weil die Hobelgeräusche permanent unterbrochen wurden. Beim Hinsehen hat man es dann ebenfalls an den offenen Mündern und dem verträumten Lächeln in deren Gesichtern gesehen.
Die letzten 90 min der Etappe bestanden dann nur noch aus Stufen. Der Vorteil bei Stufen ist, man gewinnt schnell an Höhe. Es gibt aber leider mehr Vor- als Nachteile. Zu viele sie hier aufzuzählen.
Die Lodge in der wir heute übernachten bietet sogar den Luxus einer heißen Dusche – zumindest für die Ersten. Gut, dass ich bereits 30 Min vor den anderen an der Lodge war. Der Letzte von uns hatte wohl nicht mehr so viel Glück. WLAN hätte es auch geben können, zumindest laut Werbetafel. Aber das war, wie auch die letzten Tage, ein Werbeversprechen.
Morgen soll es erstmals auf über 3.000 m gehen.